- "Disziplin ist eine Lüge der Mittelmäßigen"
Die harten Sätze bleiben im Leben oft hängen, oder in biblischen Worten gesagt: der Eifer bringt den Toren um. In den ersten beiden Teilen meiner Kolumne (am Ende des heutigen Artikels verlinkt) erzähle ich, warum du nicht in diese Falle tappen solltest. Denn auf einen Weg zum Ziel wird genau das dir immer erzählt werden. Streng dich an, dann klappt es auch. Das Problem ist, dass eigene zu hohe Erwartungen oft in eine unbewusste Subversion führen, die dann in einen Zustand endet, der heute gerne Prokrastination genannt wird. Wie viele Autoren, die es geschafft haben, verdienen nicht einen Cent und am Ende noch nicht einmal ein Dankeschön? Die größten Künstler werden erst posthum, nach ihrem Tode, geboren oder entdeckt. Deshalb lohnt es sich nicht für andere oder seine eigenen Erwartungen zu schreiben. Es muss Spaß machen. Disziplin ohne Freude ist wie ein Motor ohne Benzin – er brummt kurz und stirbt dann leise. Wer nur für Algorithmen schreibt, landet im digitalen Nirwana – wer für sich schreibt, bleibt unsterblich. Das Schöne ist: Du erlebst die Geschichten, die du schreibst selber. Das ist viel intensiver als die Geschichten anderer zu lesen. Aber natürlich muss man dazu in einen aktiven Zustand kommen. Schreiben beginnt mit dem ersten Buchstaben. Und endet? Wenn du den letzten gefunden hast. Tägliches Schreiben ist deshalb lohnenswert. Aber auch hier lohnt ein Perspektivwechsel. Was meine ich damit? Konzentriere dich auch darauf womit du schreibst. Warum du schreibst. Denn schreiben kann auch in vielen anderen Perspektiven einen guten Sinn machen. Gesprächsprotokolle können dir zu mehr Erfolg in der Arbeit verhelfen. Das verändert dein komplettes Image. Du bist der, der alles aufschreibt. Mache Stichpunkte zu allem. Mindmaps. Mehr Produktivität. Du weißt eigentlich immer etwas mit dir anzufangen. Fange an dich für Software zu interessieren. Schreiben ist das eine. Ein anderes mittels Software schnell zu edieren. Dinge neu zusammenzustellen. Interessiere dich für Drucklayouts. Was unterscheidet eine gute PDF von einer schlechten. Wie leidet der Text darunter?
Schaffst du 2500 Wörter in einer Stunde zu schreiben ist das toll. Aber wie edierst du, ohne die Lust zu verlieren?
Klasse versus Masse
Natürlich ist es nicht ratsam in einer Stunde einen Text herunterzuschreiben, der voller Fehler ist. Das Korrigieren dauert dann nur um so länger. Natürlich helfen einem hier Rechtschreibprüfprogramme, die fast jeder Editor heutzutage hat. Man kann das ganze auch von einer AI übernehmen lassen. Sie schreiben aber gerne dann den ganzen Text so um, dass jede sprachliche Eigenheit aus dem Text verschwindet. Also auch das kann sehr zeitaufwändig werden. Insgesamt kann das Redigieren des Textes eine größere, zeitliche Aufgabe werden, als das Schreiben. Deshalb versuche ich vom Anfang an konzentriert zu schreiben. Vorher Stichpunkte zu dem, was ich schreiben will oder besser: eine => Mindmap machen das Schreiben sehr viel einfacher.
Ich versuche Absätze ohne Rechtschreib- und Kommafehler zu schreiben - auch wenn ich den Text später vollkommen umschreibe oder verwerfe. Das können Textbausteine werden, die schon einmal korrekt sind. Das erfordert Konzentration. 2500 Wörter pro Stunde zu schreiben, kostet auf jeden Fall Konzentration und Kraft. Gerade fiktionale Texte, die ich unter "meine Novelle" anordnete oder die => Stream of Consciousness Beiträge im Blog kosten eine Menge Kraft.
Am Ende des Schreibens fühle ich mich ausgelaugt und trotzdem brennt noch etwas in mir. Ich kann nicht aufhören. Hier und da noch feilen. Vielleicht etwas noch auf eine andere Art sagen? Das Schöne am fiktionalen Schreiben ist, es ist sehr viel intensiver als solche Geschichten nur zu lesen. Alles in diesen Geschichten wird beim Schreiben zu einer tiefen Realität.
Prokrastination
Ach so: Das beste Mittel gegen Schreibblockaden ist, einfach damit anzufangen, einen alten Text noch einmal durchzulesen und zu beginnen, ihn zu verbessern. Das ist ein Trick, die Prokrastination einmal für etwas Produktives einzusetzen. Prokrastination ist für mich nicht einfach Faulheit, sondern eine Form des Ehrgeiz, die im alltäglichen Leben völlig ausgebrannt wurde. Eigene Erwartungen, die einer nicht erfüllen kann, werden zum Selbsthass. Die beste Prokrastination ist die, die dich am Ende doch noch produktiv macht – korrigier einfach einen alten Text und schon fließen die Ideen.
Ja, eigentlich willst du gerne dies und das machen, besser werden. Aber da zieht einem das Unbewusste den Teppich unter den Füßen weg. Wenn ich also nichts mit mir selber anzufangen weiß - was völlig in Ordnung ist - dann fange ich an, Texte zu korrigieren. Daraus entstehen dann immer größere Texte mit einer interessanteren Tiefe. Für mich ist das die bessere Methode, als jeden Tag zu selben Zeit (Disziplin) sich hinzusetzen und anzufangen, etwas neues schreiben zu wollen. Hab ich gemacht. Aber der Anspruch das Neue dann auch abzuschließen, war zu groß für mich. Besser ist einfach mal anzufangen. Und auch offen zu sein für andere Perspektiven: in wie weit ist klassisches Schreiben noch zeitgemäß? Wo schreibe ich? Will ich Social-Media-Plattformen reich machen und sie meine Texte verwerten lassen, oder schreibe ich für mich oder lagere Texte einfach auf meiner Festplatte? Um dann später eine nette Datei daraus zu machen? Neue Perspektiven erzeugen neue Horizonte.
Was aber tun, wenn alles stockt? Kein Flowfeeling? Gegen Prokrastination hilft vor allem (jetzt der ultimative Life-Hack): einfach alle elektrischen Geräte aus der Hand zu nehmen und dann 10 Minuten bewusst nichts zu machen. Das kann bei vielen so dramatisch langweilig werden, dass sie sich dann nach sinnvollen Tätigkeiten umschauen, die sie nach den 10 Minuten Pause dann gerne und bewusst machen. Aber auch den Schreibstau als etwas positive Willkommen zu heißen. Seine Grenzen kennen, ist wichtig. Auch positiv sie erfahren zu haben. Erst wenn einer seine Grenzen achtet, aber er sie dann auch überschreiten. Das Schreiben kann so eine interessante Erfahrung werden. Ich vergleiche es gerne mit dem Malen. Malt einer, um ein Bild zu haben, oder weil er den Prozess des Entstehens mag?
Ein weiteres Mittel gegen Prokrastination ist für mich ein handschriftliches Notizbuch, in dem ich die wichtigen Aufgaben a) aufschreibe und nach Erledigen b) abhake. Das Abhaken ist mit einem guten Gefühl verbunden. Denn passiert das nicht, muss ich die nicht erledigten Aufgaben handschriftlich für den nächsten Tag noch einmal aufschreiben. So mein Setting. Das führt dazu besser alles abhaken zu können. Da nützt einem die eigene Faulheit. Gib der Faulheit ein System, dann arbeitet sie für dich, nicht gegen dich. Aber auch die Wichtigkeit der Aufgabe ständig zu ermessen. Ist das wirklich wichtig? Wenn ja, und es klappt nicht, sie zu erledigen, sie dann auf ein realistischeres Ziel herunterzubrechen. So arbeite ich aktiv mit meiner Zeit und den Anforderungen, die ich an sie stelle. Versuche weg von dem Du-Musst-Denken zu kommen. Anstelle dessen ein Ich-Will-Denken.
Warum ein handschriftliches Notizbuch? Mit digitalen Notizbüchern habe ich die Erfahrung, dass ich früher oder später Meister darin werde, die Termine dann nach hinten zu verschieben. Sehr viel leichter betrüge ich mich so selbst. Beim handschriftlichen Notizbuch geht das nicht. Da muss ich die Aufgabe noch einmal aufschreiben. Das hat ein wenig mit Mühe und Anstrengungen zu tun. Wer will schon jeden Tag mehr Schreibarbeit verrichten müssen? Ich nutze so die Faulheit in mir gekonnt zur Produktivitätssteigerung. Das ist der eigentliche Trick. Ich kann ein handschriftliches Notizbuch auch für andere Notizen, eigentlich für alles, benutzen.
Also auch Einfälle schreibe ich in diesem auf. Einfach alles, was anfällt. Geheimtipp: Benutze Füllfederhalter. Schreibt sich wirklich elegant damit und macht Spaß. Digitale Apps habe ich am Anfang wirklich selber exzessiv benutzt. Bis ich das mit dem Sich-Selber-Betrügen auffiel. Auch ging es immer darum ein Notizbuch nach dem => Zettelkastenprinzip zu führen. Mir persönlich geht es aber nicht um umfangreiche Literaturzitate, sondern Ideen, über die ich schreiben kann. Der Selbstanspruch an mich war da - mit dieser YouTube-Mode - wieder überdimensioniert. Das klappt nicht im Leben. Ich schreibe das aber, damit jeder sich selber anhand der => Schlagwörter kundig machen kann und das eine oder andere ausprobiert.
Recherche
Viele wollen einfach nur Dinge aufschreiben, von denen sie denken, dass es andere interessieren würde. Also weniger Selbstverwirklichung. Diese Texte sind entspannter zu schreiben. Müssen aber gut geplant werden. Hier das Konzept => Mindmapping erwähnt. Interessiere dich für Mindmapping und praktiziere es eine Zeit lang. Buchtipp: "Mindmappingbuch". Ein anderes Konzept ist das => Bullet Point Journal. Buchtipp: "BulletPointBuch". Auch hier: Interessiere dich für das Führen eines Notizbuches und praktiziere es eine Zeit lang. Es gibt auch Programme wie zB => Obsidian, die das Notizenerstellen sehr vereinfachen. Meine Erfahrung ist aber: es ist dann recht einfach und produziert rasch einen Berg von Notizen, die dann später nicht genutzt werden können. Also Notizen so kurz wie möglich und in eigenen Worten. Ein anderes wäre eine Zitatsammlung.
Natürlich ist es auch eine schöne Vorstellung auf einem virtuellen Berg aus Information zu sitzen, der irgendwann einmal nützlich sein könnte. Irgendwann ist nie heute. Hast du eine schöne Mindmap zu einem Thema, kannst du sie einfach und bequem niederschreiben. Das selbe gilt für ein gutes Notizbuch. Da wird die eigentliche Arbeit geleistet. Beim Schreiben fallen einem dann die reifen Trauben in den Schoß.
Es ist also naiv anzunehmen, schaffe ich 2500 Wörter in der Stunde, schaffe ich 5 Novellen in einem Jahr und dann werde ich ein so genannter 5-Figure-Author. Das ist ein US-englischer Ausdruck. Die 5 Figuren stehen für einen 5-stelligen Betrag, den ein Autor im Jahr mit seiner Arbeit umsetzt. Im Prinzip kann es so einfach sein, praktisch muss eine Form des Notierens von Ideen und die Verwaltung der Ideen gepflegt werden. Meines Erachtens ist das die eigentliche Arbeit.
Hausaufgabe zum nächsten Teil: Recherchiere alle Begriffe, die mit => gekennzeichnet sind. Fange an in deinem Notizbuch alltägliche Notizen zu machen. Einkaufsliste, TODO-Liste. Mache dir darüber Gedanken wie der Vorsatz schreiben zu wollen das gesamte Leben verändert.
Willst Du mehr lesen? Schau Dir den ersten Teil der Kolumne an, zweiten Teil der Kolumne an.