Samstag, 21. Juni 2025

Kolumne: 2500 Wörter in einer Stunde, Teil 2

Eine philosophische Betrachtung: Viele Dinge, die ich mir vornehme, entsprechen einem Ding der Nicht-Nötigkeit. Ist es notwendig, um 5 a.m. aufzustehen? Ich es notwendig, 30 Minuten einen Workout pro Tag zu machen? So auch beim Schreiben: ist es überhaupt notwendig jeden Tag 2500 Wörter zu schreiben? Wofür? Diese Fragen muss man beantworten. Geschieht das nicht, beantwortet das Unbewusste einem diese Frage durch passive Aggression: keine Lust nach ein paar Anläufen. Andersherum passieren Dinge automatisch, wenn sie gemacht werden müssen. Sie passieren nicht, wenn man keine innere Einstellung zu diesen Dingen bekommt. Auch ist kein Meister vom Himmel gefallen, sondern Übung macht den Meister. Auf jeden Fall ist einer der Grundfehler zu einem Spiegel seiner Umwelt und sozialen Medien zu werden und dann versuchen die passenden (positiven) Erwartungen zu erfüllen. Wie wahrscheinlich ist es, ein zweiter Stephen King zu werden? Braucht die Welt überhaupt einen zweiten Stephen King? Das führt zum Overload oder Burnout.

Kann sich einer richtig einschätzen, wo seine Grenzen liegen, kann er langsam wachsen und über seine Grenzen - auf seine Weise - gelangen. Organisches Wachstum passiert von alleine. Passieren Dinge über lange Zeit fast von alleine, werden sie sich optimieren und verbessern. Also auch die Schreibgeschwindigkeit wird sich automatisch erhöhen. Auch wenn man das im ersten Teil der Kolumne genannte Buch von Chris Fox mit dem Titel Write 5000 Words per Hour: Write Faster, Write Smarter nicht gelesen hat.

Solche Bücher füttern das Ego des Lesers, um sich zu verkaufen. Kaufe und lese das, dann kannst du ein 6-Figure-Autor werden. Wobei der Begriff Six-Figuren-Autor ein suggestiver Begriff ist. Häufig sind es selbst-publizierende Autoren, die alles selber machen, und dann irgendwann über 100000 Dollar Jahresumsatz kommen. Wobei ich nicht genau weiß, was gemeint ist: Umsatz oder Gewinn? Brutto oder Netto? Solche Begriffe sind dazu da, einem das Wasser im Mund wässrig zu machen.

Aber ist es wirklich ein Traumberuf Autor zu sein? Eine 40 Stunden Woche als Autor, sind jeden Arbeitstag 8 Stunden Schreibarbeit, und das ist natürlich auch nicht das, was viele sich am Anfang vorgestellt hat. Das ist absolutes Home-Office mit dem Vorteil keine Kollegen mehr haben zu müssen und - noch besser - keinen Chef. ABER: Freiheit heißt nicht ‘kein Chef’ – sondern selber der gnadenloseste Boss zu sein, den du je hattest. Aber dann kommst du nicht mehr so einfach von der Tastatur ins Freie zurück. Viele Leute sind nicht darauf vorbereitet mit den Konsequenzen ihrer Entscheidungen leben zu können, - somit sind sie mental auch gar nicht dazu in der Lage Freiheit verwirklichen zu können. Da hilft natürlich das Unbewusste, indem es spätestens nach einer Stunde die Schreibambitionen effektiv sabotiert. Die Autobahnausfahrt, auf der die meisten dann abbiegen.

Wie funktioniert aber mein Ansatz, das Unbewusste davon zu überzeugen, dass das alles geschrieben werden muss? Du kannst den Ansatz auf alles andere auch anwenden. Mit fiel die Strategie auch zuerst bei meinem - bescheidenen - Homeworkout auf. Ich bin nicht wirklich daran interessiert, wie ein Wilder Gymnastikübungen zu machen. Aber natürlich ist es ratsam und ich bekomme das überall als Ideal präsentiert. Erkenntnis Nummer 1 war bei mir:

Erkenntnis Nummer 1 - Du bist ein Sportler, wenn du regelmäßig Sport machst. Punkt. Fertig. Jetzt das in Klammern: und sei es nur eine Liegestütze am Tag. Also machte ich eine Liegestütze am Tag. Mein Mindset veränderte sich so. Ich zog mir vorher Sportklamotten an. Nein, der Trainingsanzug mit der Aufschrift Bundestrainer war schon vergriffen. Aber der alte WWE-Entrance-Song von Shawn Michaels tut es auch. Ich denke, es wird verständlich, was sich in mir verändert hatte. Der US-Amerikaner sagt gerne Fake it until you make it oder ein geflügeltes Wort in meiner Kindheit war Einbildung ist auch eine Bildung. Aber die Couchpotato, die ich damals war, exekutierte die Liegestütze eiskalt wie ein CLI-Kommando. Ohne mit der Wimper zu zucken. Wer Shawn Michaels nicht mag, kann es auch mit dem Untertaker Entrance-Song versuchen. Hier das Gesicht nicht verziehen. Nur - ab und an - eine sagittale Stirnfalte (die Zornesfalte), um besondere Augenblicke zu betonten.

Erkenntnis Nummer 2 - Natürlich machst du eines Tages bedeutend mehr als eine Liegestüzte. Das garantiere ich dir, wenn du das täglich machst. Eine Liegestütze pro Tag ist kein Training – es ist ein CLI-Befehl an dein Gehirn: System update starts now. Hier ist das Buch von James Clear Atomic Habits empfehlenswert. Das ist ein Klassiker. Zusammenfassung: Lege dir gute Gewohnheiten zu.

Erkenntnis Nummer 3 - Rede am besten mit niemandem über deine Ziele. Zwei Gegner hast du: deine unbewusste, eigene Sabotage und gezielte Sabotage vermeintlicher Freunde in deinem persönlichen Umkreis. Viele können es nicht verkraften, wenn auf einmal ein Freund zielstrebig wird und eigene Ziele verfolgt. Das hat mit Neid zu tun, der auch sehr subtil unterhalb der Bewußtseinsschwelle vorhanden sein kann. Außerdem muss es aus dir selber herauskommen. Redest du viel darüber mit Freunden, könnte eine Dynamik entstehen, in der du ihnen zu imponieren versuchst? Das ist eine gefährliche Sache, die am Ende auch niemanden oder der Sache dient. Also Wage, Wisse, Wolle und Schweige. Natürlich brauchst du als Autor auch Leser, die dir ein Feedback geben können. Aber zuerst konzentriere dich darauf, wo innere und äußere Sabotage lauern könnte. Meistens lauert da auch etwas.

Erkenntnis Nummer 4 - Wie beeinflusse ich das Unbewusstsein? Indem ich es wahrnehme und mit ihm spreche. Sei es durch Affirmationen, Hypnose, subliminalen Botschaften. Da kannst du auf Videoportalen schauen, ob es was passendes für dich gibt. […] Da die 1000 Wörter heute geknackt worden sind, schreibe ich mir diese Techniken für eine weitere Folge der Kolumne auf. Einmal die Woche neu!

Zusammenfassung: Beim Schreiben, schreibe für dein Unbewusstes. Wenn du dich fragst, was das sein soll, dann stelle dir es vor, wie etwas, was immer um und bei dir ist. Und es denkt und fühlt wie ein Kind. Das, was die meisten irgendwann man vergessen haben. Ein letztes für heute: Burnout kommt, wenn du für Likes schreibst – nicht für dich. Der einzige Applaus, der zählt? Das Klicken deiner Tastatur um 3 Uhr morgens.

Hausaufgaben:

  • Überlege dir eine tägliche Affirmation, warum du Schreiben musst. Achte auf die Formulierungen. Schreiben willst würde zum Beispiel nicht bedeuten, dass du schreibst. Feinheiten sind hier sehr wichtig.
  • Deine täglichen Schreibminuten kannst du einem speziellen Thema widmen. Ich hab gut einen Monat jeden Tag 5 Minuten (mit Stoppuhr) darüber geschrieben, den momentanen Augenblick zu beschreiben. Geräusche, Lichter, Stimmung, Gedanken. Versuche da auch eine Perspektive des Unbewussten zu zeigen. Als Herausforderunung! Du brauchst kein zweiter Stephen King zu werden. Die Welt braucht dich – mit deiner Stimme, deinem Rhythmus, deinem - wenn du willst- Untertaker-Starrblick beim Schreiben.
  • Wenn dir das zu herausfordernd ist, dann begnüge dich damit, alte Texte jeden Tag zu korrigieren. Mir hilft das meinen natürlichen Hang zur Prokrastination gegen sich selber zu verwenden. 5 Minuten Doomscrollen muss nicht sein. Stattdessen: Laptop raus und einfach die alten Texte durchscrollen. Dann fangen die Hände bei mir schon ganz von automatisch an zu schreiben. Formulierungen, Ideen und dann entsteht etwas völlig anderes. Ist das nicht wundervoll?

Willst Du mehr lesen? Schau Dir den ersten Teil der Kolumne an.

Kolumne 2500 Wörter in einer Stunde, Teil 3

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