Montag, 29. Juli 2024

Warum Dao das Leben sympathisch macht?

Daoismus ist eine philosophische Lehre aus China, die vielen nichts sagt. Warum? Weil sie mehr hinterfragt, als dass sie Antworten zu gibt. Das verwirrt viele. So veröffentlichte zum Beispiel mein Qigong-Lehrer George Thomson (ich habe nur einen) vor einigen Wochen ein schönes Video mit dem wunderlichen Namen "Wenn Deine Persönlichkeit Deinem Erfolg im Weg steht." 1 Das ist für die Unzahl an Selbsthilfevideos auf YouTube ungewöhnlich. Niemand, oder nur sehr wenige denken so. Und genauso funktioniert Daoismus oder auch Taoismus: durch nicht mehr Ernstnehmen neue Zusammenhänge im Leben zu entdecken. Das Dao ist kein Gott oder etwas sehr Wichtiges, sondern schlichtweg nichts. Dann ist es auch wieder alles. Verwirrend?

Die tiefe wahre Bedeutung der Dinge ist namenlos. Fangen wir an, Namen und Wörter zu erfinden, fängt das sich-Irren an. Schweigen ist Weisheit. Über sich selber lachen zu können: Erleuchtung.

So fasse ich für mich zusammen, was das Dao ist. Wir leben in einer Zeit, in der das Göttliche missverstanden und verloren ist. Warum ist es verloren? Weil es übersehen wird. Nicht als wichtig erkannt wird. Was ist Erleuchtung? Ich erkenne, die großen Sachen sind nicht so wichtig, wie ich immer dachte. Die kleinen Sachen sind wichtiger. Gerade die, die ich immer übersah.

Die östlichen Philosophien lieben es, in Paradoxien zu denken. Während das westliche Denken zielgerichtet sein will. Logik führt dazu, ein Ziel zu definieren. So fangen dann die üblichen Gedankenkaruselle an. Ich will, dann muss ich. Diese Denkart findest Du sehr schnell im persönlichen Leben. Östliche Philosophien raten dazu, diese Gedankenkarusselle erst einmal zu beobachten und dann mit ihnen meditativ zu arbeiten. Was bedeutet das? Ich habe gerade vor kurzem in einem vielversprechenden Buch 2 gelesen: Meditation sei alles, was hilft, den logischen Geist zu unterwerfen.

Wir können hier den Gegensatz dieser Denkarten erkennen. Geist einmal als etwas störendes zu sehen. Monkey Mind nennen es buddhistische Mönche, diese Gedanken, die die Meditation stören. Dann auf der anderen Seite der Welt wird Geist als etwas erhabenes gesehen: "Der heilige Geist". "Geistreich zu sein" ist Tugend. Häufig endet es aber im realen Leben im berühtigten "Doomscrollen" in sozialen Medien. Das ist das Phänomen des ewigen nach unten Blätterns auf dem Display. In der Hoffnung auf was eigentlich? Zu Vergessen, warum man es macht. Weltenflucht.

Genau hier können dann Meditationstechniken ansetzen sich wieder selbst bewußt zu werden. Du selbst bist vielmehr als Deine Gedanken. Auch Gefühle, Körper, Besitz machen Dich nicht wirklich aus. Diese Mystische "etwas mehr" bringt dann auch den Zauber zurück ins Leben. Auch wenn die Akzeptanz eines "Monkey Minds" oder des gierigen Konsumenten in einem zunächst ernüchternd ist. Am Ende hilft es sich selber nicht darauf zu reduzieren.

Beim Daoismus mag ich die nüchternde Klarheit, mit der das Leben gesehen wird. Da hat er viele Gemeinsamkeiten mit dem Buddhismus. Andere Religionen geben mir das nicht oder verursachen wiederum - endlos - neue Probleme. Da aber viele Menschen es mögen sich mit ihren Problemen zu identifizieren, sind solche Ansätze das Leben zu begreifen, nicht sehr populär. Oder sie werden sogar bedrohlich aufgefasst. Dao ist kein Gott, wie auch Buddhismus eine Religion "ohne Gott" ist.

1 George Thompson, "Why believing in yourself is actually holding you back"
2 Lama Ropa Rinpoche, "The Power of Meditaion", "In fact, anything that helps to subdue the mind is meditaion."

„道友“ (dàoyǒu)

Kolumne 2500 Wörter in einer Stunde, Teil 3

"Disziplin ist eine Lüge der Mittelmäßigen" Die harten Sätze bleiben im Leben oft hängen, oder in biblischen Worten gesagt: d...