Die Mystik der Erleuchtung
Ich erzählte schon einmal, wie ich ein spirituelles Erlebnis bei meiner allerersten Atemerfahrung gemacht habe: Ich saß unter einem Baum in Guatemala und plötzlich bekam die Welt um mich eine dunkle, rötliche Farbe und geometrische Dinge tauchten auf, die sich rhythmisch bewegten. Heute denke ich, dass das DMT war. Mit meinem Wissen von heute denke ich, das war es, was mein Bewusstsein so veränderte. Die Gruppe um mich sah ich auf einmal mit sehr tiefem Mitgefühl. Tränen, Freude und auch Trauer in mir. Es war die Gruppe von Wesen, die sich seit endlosen Zeiten um einen Buddha scharrten und ihre Erlösung suchten. Ich sah sie in allen diesen Zeiten zugleich vor mir. Alles war zeitlos. Ich hatte meine Erlösung in diesem Moment. Deshalb war es so schön, aber auch unfair zugleich. - Solche Erfahrungen sind immer sehr schwer zu beschreiben. Ich denke aber, es ist klar, wie tief solche Erlebnisse sein können, die durch Atemübungen möglich werden. Ich hatte da mal wieder Anfängerglück. Wie beim Tauchen, als ich beim ersten Freedive nach dem Kurs ein ausgewachsener Whale Shark direkt neben mir schwamm. Ich konnte in sein großes Auge blicken und alle waren neidisch. Ich perplex.
Die Mystik der Erleuchtung kann natürlich eine große Motivation sein, Pranayama, Meditation, Yoga oder anderes zu machen. Es kann aber auch zu einer Über-Motivation führen, da Erleuchtung so etwas ist, was viele unbewusst gar nicht haben wollen. Sonst wäre Erleuchtung auch das einfachste auf der Welt. Es ist also ratsamer, sich einfach öfters mal zu entspannen und Dinge in einem loszulassen. Dabei helfen Atemübungen ungemein und wir kommen jetzt zu der Mystik des Alltags mit der Atmung.
Die Mystik des Alltags ist das zweite Wunder, das ich mit Pranayama erfahren habe. Es ist der Umstand, täglich seine Übungen über einen längeren Zeitraum zu machen. Ich denke mal, 15 Minuten täglich, also eine Pizzawartezeit, sind geeignet. Also das schon als Routine täglich zu machen, um dann - gemessen an dem Zustand ohne Atemübungen - eine grundlose Fröhlichkeit zu spüren. Ich habe mich immer gefragt, warum die Typen in den Yogavideos immer so grundlos glücklich sind und ständig lächeln? Ich war der Antwort näher, selber grundlos glücklich zu sein, draußen sich über Sonne, Schmetterlinge und Blumen zu freuen und jedem zu sagen, wie wundervoll dieses Leben ist. Erleuchtung light, - wenn Du so willst. Aber das erlebe ich schon sehr oft, und das ist der Grund, meine Atemübungen jeden Tag zu machen. Einer der Gründe. Der andere Grund ist mein Asthma und wir kommen zur dunklen Mystik des Atems.
Die dunkle Mystik des Atems
Die dunkle Mystik des Atems beruht darauf, dass alles polar erscheint. Einatmen kann Leben bedeuten. Ausatmen sterben. Atem ist sowohl Leben als auch Sterben. Praktischer gesagt, mache ich auch wegen meinem Asthma Buteyko-Atmung. Kann ich jedem empfehlen, der Asthma hat. Zumindest in der Zeit, in der er Medikamente nehmen muss. Richtig schlau ist es, einen Monat vorher mit der speziellen Buteyko-Atmung anzufangen. Ich bin dadurch größtenteils medikamentenfrei geworden. Nur wenn ich in bestimmte Situationen komme, in denen ich mich unwohl fühle, fängt es wieder an. Ich brauche einfach mehr Luft zum Atmen. Asthma ist eine psychosomatische Erkrankung. Also ein Schatten von einem. Und jetzt komme ich zur Schattenarbeit mit Atmung, der dunklen Mystik des Atems.
Problemverarbeitung, Traumalösung durch Atem, Rebirthing oder auch Erinnerungen an Leben vor Deinem Leben sind natürlich die heißen Eisen, und ich rate natürlich nicht dazu, das alleine zu versuchen. Eine nette Gruppe, zwei Mal die Woche, ist etwas Positives für das eigene Leben. Einen ausgebildeten Fachmann verlangt der Zeitgeist. Häufig passieren diese genannten Phänomene aber wie von selbst, wenn Du regelmäßig Atmen praktizierst und Deine Erfahrungen machst. Das Problem ist hier auch wieder die zeitgeistmäßige Über-Motivation, die Dinge ruckzuck binnen 30 Tagen "geregelt zu bekommen". Für mich ist das Praktizieren von Atemtechniken etwas, das ich fest in mein Leben integriert habe. Ich habe also viel Zeit. Ich rede also hier über einen Zeitraum von Jahren.
Ich habe noch keine wirkliche Theorie über das Arbeiten mit dunklen, unerlösten, wie auch immer gearteten Anteilen in mir. Aber dieser Artikel geht um eigene, mystische Erfahrungen von mir mit meinem Atem. Da beschreibe und erzähle ich nur, und da darf folgende Geschichte nicht fehlen:
Also Buteyko-Atmung praktiziere ich wegen des Asthmas. Im Grunde geht es dabei darum, möglichst wenig zu atmen. Der Körper soll lernen, wenig zu atmen, um dann keine Asthmaanfälle mehr zu bekommen. Einfach cool bleiben. Das soll ins Unbewusste. Deshalb übe ich Buteyko lange Zeit am Tag. 45 Minuten pro Tag. Kann langweilig sein, dann setze ich mich vor den Fernseher und schaue dabei "Mr. Bean". Manchmal gehe ich aber auch in den kleinen Durchgangsraum zum Bad, wo ich ungestört sein kann. Eigentlich gehe ich auch nur dann vor den Fernseher, wenn ich allein zuhause bin. Wenn die Familie wuselt, dann ist das nicht optimal.
Kurz zur Methode: Nur Nasenatmung und so wenig wie möglich. Das heißt leicht Luft holen (z.B. 8 Sekunden) und dann laut- und kraftlos die Luft ausatmen (z.B. 16 Sekunden). Die Luft passiv entweichen lassen. Kein Windhauch unter der Nase zu spüren. Ich mache keine Pause in der Inspiration, heißt kein Luftanhalten. Aber nach dem Ausatmen mache ich 8 Sekunden Pause. Das heißt insgesamt etwa 2 Atemzüge pro Minute. Das ist schon etwas fortgeschritten. Man fängt auch hier da an, was man gut schaffen kann und steigert sich dann.
Also ging ich wieder in den kleinen Durchgangsraum zum Bad, um meine Übung auf dem Boden zu machen. One man's castle. Aber ich war diesmal richtig wütend. Voller Wut. Aber ich konnte die 45 Minuten Buteyko-Training nur in dieser Zeit machen und machte es halt. Es fühlte sich an wie Holzhacken. Ich bemühte mich, den Atem schwach und leise werden zu lassen. Aber die Emotionen ließen mich nicht los. Schließlich war es wohl so, dass ich kräftig einatmete und es schaffte, völlig lautlos und passiv auszuatmen. Die Emotionen visualisierten sich aber ständig dabei - vor allem in meinem Bauch - und irgendwann kam ich mir wie ein feuerspeiender Drache vor. Ich war völlig nass am Ende von meinem Schweiß, und es lag eine unnatürliche Hitze in dem Raum (ca. 2x2 Meter). Ich ging mehrmals raus und rein, konnte es nicht fassen: als wäre Feuer in dem Raum gewesen. Als hätte ich richtiges Feuer geatmet.
Das erinnert natürlich an das Tummo-Atmen der tibetischen Mönche auf den kalten Bergen des Himalayas, die nasse Kleider so trocknen und den Schnee um sich schmelzen lassen. Das verblüffte mich. Es war also tatsächlich möglich. Für mich ist es klar, dass es mit den heftigen Emotionen von mir zu tun hatte. Das scheint der Schlüssel zu sein. Durch das passive, langsame Ausatmen schien das innere Feuer immer höher zu lodern. Ich fühlte mich übrigens danach völlig locker und gelöst. Das passierte mir aber nur einmal. Sonst arbeite ich beim Atmen mit inneren Bildern und lasse sie los. Also nicht so dramatisch.
Das waren also meine drei Mysterien des Atems, denen ich in meinem Leben bis jetzt begegnet bin: das Gefühl der Erleuchtung, das Gefühl der grundlosen Heiterkeit und das Verbrennen negativer Emotionen mit der Feuerkraft.