Du musst am Anfang nicht perfekt sein. Aber du musst anfangen, perfekt zu sein.
Schreiben bedeutet vor allem: einen gedanklichen Raum zu schaffen, in dem Leute eintauchen können. Das ist die Bedeutung von Phantasie. Möglichkeiten zu erschaffen, die phantasielose Leute nicht haben. Phantasie ist ein Tor zu Welten, die es (noch) nicht gibt – aber dringend gebraucht werden.
Eine Lanze für die Phantasie gebrochen.
Jetzt gibt es immer Diskussionen, in wie weit Phantasie und Realität vergleichbar sind? Oder Phantasie jenseits unserer rationalen Welt ist? Wobei ich immer ein schlechtes Gefühl bei Leuten habe, die Begriffe wie unsere Welt zu benutzen. Denn nach der Definition eines Zusammenhangs wie unserer Welt folgt auch folgerichtig die Ableitung von Rechten und Pflichten, die dann unsere Gesellschaft aufbauen. Phantasie wird da als Fluchtmöglichkeit mit argwöhnischen Augen gaza-ri-siert. Ich erinnere mich an Redewendungen mit viel Phantasie. Das Sprachgefühl verrät einem da recht deutlich, wie Phantasie herabgewürdigt wird. Und das ist systemimmanent. Phantasie ist das Einzige, das dir niemand wegnehmen kann. Kein Wunder, dass das System versucht, sie dir auszureden.
Phantasie ist erst einmal nicht kommerziell. Kinder, die mit leeren Toilettenrollen spielen? Oder der Hobbyautor? Frage: wie sehr sind Hobbys die letzten Jahre verschwunden? Eigentlich machen sie den Menschen individuell. Aber jetzt: keine Zeit! Muss arbeiten! oder Internet checken. Doomscrollen. Das Internet ist der größte Staubsauger für kreative Restenergie – und wir halten ihm freiwillig den Stecker. Wie sähe die Welt aus, wenn die Menschen zum großen Teil noch ihre Phantasie hätten? Das geht nur, wenn man sie würdigt, lieb hat und auch mit allen Mitteln verteidigt. => Geschichten wie Momo mit den grauen Herren sind schön, weil sie zeitlos sind. Natürlich sind es nicht unbedingt die grauen Herren, die einem die Zeit stehlen wollen, sondern auch kreative Marketing-Genies, die heutzutage an jeder Ecke des Internets auf einen warten.
Call to Action: werde aktiv!
Also was tun? Erschaffe dir deinen eigenen Herrn der Ringe! Noch besser: erschaffe dir was eigenes! Male, schreibe oder besprich Tondateien. Was einem liegt. Sammel Briefmarken. Die gibt es kaum noch? Dann sammele irgendwas. Meine Lebenspartnerin regt sich über leere Dosen in meinem Schrank auf. Leere Kaffeedosen, Haargeldosen, Milchpulverdosen. Wunderschöne, alte Einmachgläser. Eigentlich ist der Schrank mein kleines Domizil, wo sie nicht reinschauen sollte. Aber sie steht da mindestens 3 mal am Tag. Der Sohn auch. Beide schauen getrennt und suchen. Ist immer was los. Ich sage zu ihr dann: Du, die leeren Dosen kannst du immer noch mal gebrauchen. Und in den Dosen finden sich Nahrung und Süßigkeiten. Ich sammel die für eine ungewisse Zukunft. Generationstrauma: die Alten waren alle Vertriebene und sprachen nie darüber in meiner Kindheit. Krieg. Wahrscheinlich horte ich deshalb in dem Schrank leere Dose und befülle sie mit Treasure. So nennen mein Sohn und ich diese Dinge. Da findet er immer etwas interessantes. Der Schrank. Wir erben nicht nur Traumata – wir vererben auch Räume, in denen Träume überdauern können. Mein Schrank ist ein Luftschutzkeller für Hoffnung. Er ist wie Literatur. Ein Ort, in dem Leute eintauchen können und abseits des normalen Lebens Dinge finden. Siehe hier wieder den ersten Satz des Beitrags. Ist wie in der Architektur: Räume zu schaffen, die sich mit Leben füllen, weil sie einmal geschaffen worden sind. Wir bauen keine Häuser aus Stein, sondern aus Möglichkeitsräumen – und laden alle ein, darin zu wohnen. Das ist doch mal eine Metaperspektive auf das Schreiben. Der Kreis hat sich somit heute geschlossen.