Freitag, 15. August 2025

Camping-Marx Regenschauer

Stell dir einen Typen vor, der dir alleine so eine Geschichte in einem Zelt bei Regen auf einem Campingplatz erzählt. Der Regen prasselt sanft auf das Zelt. Alles wartet, bis der Regen zuende ist. Dann fängt er an zu reden:

Die Psychotricks der Supermärkte

Ich lebe nach den Leitideen eines postdigitalen Zeitalters. Das bedeutet: digitale Wege zur Problemlösung werden nicht grundsätzlich abgelehnt, aber eine digitale Reduzierung des Wesentlichen wird verweigert. Natürlich hängt diese neue Welteinstellung mit vielem mehr zusammen, wie zB einer kritischen Einstellung gegenüber dem Konsum.

Es gibt eine Unterteilung der Welt in Gebieten ohne und mit Supermärkten. Lokale Märkte und eine autarke Lokalwirtschaft finden sich in Gebieten ohne Supermärkten. Während Supermarktgebiete zu einer Monopolisierung des Marktes neigen. In Supermärkten gibt es - neben anderen ungesunden Artikeln - auf Alkohol. Mal drauf achten. Kauft man in Alkoholgeschäften Alkohol, ist das schon so ein Drogen-Dealer-Gefühl. Im Supermarkt aber nicht. Es ist sehr alltäglich geworden. Oft ist das so. Eine Werteverschiebung passiert. Andersherum können Waren auch gesetzlich leichter verboten werden. Durch die Supermarktökonomie kann man in den Inventuren und Geschäftsbüchern schnell fündig werden, was wie und an wen verkauft worden ist.

In Lokalmärkten hat jede Ware einen eigenen Händler. Man handelt da direkt mit dem Chef, der Experte in seinem Gebiet ist. Wie war die Bananenseason im Westen des Landes? Jetzt vergleiche mit durchschnittlichen Gesprächen mit Supermarktangestellten: Gewöhnlich finden keine Gespräche mit Supermarktangestellten statt. Supermarktangestellte jetzt nicht prinzipiell als dümmer sehen. Sie stehen aber in der Warenkette nur eine Position vor dem Kunden. Das bedeutet -> Kauf - zahl den Preis - oder lass es sein.

Als ich die USA besuchte, war ich erstaunt, wie sehr die Menschen, von marktwirtschaftlichen Selbstverständlichkeiten überfordert waren. Gibt es Skonto? Ich zahle dann 180% - für 2 Nächte. Da schauen einem im gelobten Land der anscheinend freien Marktwirtschaft große Augen an. Genau das war auch das Land, in dem mich am Ende meiner Reise zwei Militärangestellte in einem Hostel nach meiner Gesinnung ausfragten. Backpacker mit Karl Marx Bart? Ich war doch wohl kein Kommunist? Als Sohn aus einer Kaufsmannfamilie beschämte mich die Geisteskultur in diesem Land nur noch.

Pauschal ist es nicht nur eine allgegenwärtige Kommerzialisierung (nur im Park kann man ausnahmsweise konstenlos Zeit verbringen), sondern es folgt eine konsequente Monopolisierung. Mit hohen Preisen. In den Supermärkten, wie viel teuerer war dort das Obst? Die Gerüche und Farben waren im Supermarkt - unnatürlich - schön. Wie lange muss einer dafür arbeiten?

In den Philippinen bettelten die Kinder für einen "Burger". Der kostete einen Tageslohn. Lokal angebautes Obst war erschwinglich. Sicher schleifen sich Sachen wie "für einen Burger zu betteln" ein, weil sie näher an der Erfahrungswelt der Touristen liegen. Aber genau das war auch der Ort, an dem mich der Vater eines Kindes, das mich nur anlächelte, wie ein normales Kind, und nicht anbettelte… Der Vater fragte mich, ob ich seine Tochter nicht für ein paar Stunden mieten wolle. Die Philippinen sind nicht nur ein Militärstützpunkt für die USA, sondern auch als ehemalige Kolonie eine geistige Müllkippe der westlichen Zivilisation. Kritik nicht pauschal nehmen. Überall gibt es auch vernünftige Leute. Aber wo zuviel US drin steckt im Kopf, entwickeln sich zwangsläufig gewisse gesellschaftliche Phänomene. Zum Beispiel, dass ganze Familien auf der Straße leben. Gewinner in die Villa, Verlierer sehen zu, wo sie bleiben. Wenn du als Rucksacktourist dadurch gefahren bist, dann hast du es so erlebt.

Das ganze Phänomen lasse ich in diesem Bericht im Bild des Supermarktes konfluieren. Es gibt zwei unterschiedliche Entwicklungsstufen einer Gemeinschaft. Treten Supermärkte auf, befindest du dich in der "zivilisierten Welt" oder in einem Übergangsstadium zu dieser. Ohne Supermärkte findest du vitale, lokale Märkte vor. Da wird gefeilscht, Kontakte geknüpft und das Obst ist billig und riecht wirklich besser als in Supermärkten, die zwar auf optische Reize setzten, dadurch aber Kunden zu Hechten reduzieren, die man mit bunten Blinkern und billigen Aromen fängt. Die alten Märkte sind auch genau das nostalgische Bild, das noch oft in den Köpfen in den zivilisierten Ländern umher schwirrt. Irgendetwas namenloses passierte aber. Deshalb der Bericht und meine postdigitale Erweckung.

Sicherlich kann man nicht einfach Entwicklungen zurückdrehen. Aber als Fehler benennen. Die Supermarktökonomie spitzt sich jetzt in einer digitalen Markt-Ökonomie zu. Oft nicht beachtet: du bezahlst hier nicht nur für die Waren, sondern auch mit deinen Kundendaten. Eine völlig neue Dimension. Der Warenmarkt wird durch den Datenmarkt nochmals kommerzialisiert. Also selbst der Kunde wird in diesem System zur Ware, die datentechnisch ausgeschlachtet wird. Schon krass. Wenn die lokale Konkurrenz der Supermärkte am Boden liegt, dann steigen auch die Preise. Ganz gewiss. Wir werden das bei "digitalem Geld" sehen. Anbieter starten mit günstigen Angeboten. Fehlt aber die Konkurrenz, dann werden die Transaktionsgebühren happig. Und Transaktionen können auch abgelehnt werden. Wenn zum Beispiel einer als "Konsumterrorist" zu häufig in alternativen Läden kauft. Das ist doch verdächtig! Hier pointierte Zuspitzung, um das Grundproblem zu veranschaulichen. Aber der Gedanke für den Gebrauch einer Währung eine Erlaubnis zu brauchen und auch für den Geldfluss zu bezahlen ist zutiefst unnatürlich oder stellt die Frage: wer profitiert eigentlich davon? Also im großen und ganze staatliche Strukturen, Bankenwesen und diverse andere. Also es gibt keinen Deal mehr zwischen Verkäufer und Käufer. Der klassische Handschlag. Das wäre eine natürliche Annahme. Und es klappt so in Entwicklungsländern.

Das sind Entwicklungen, mit denen ich mich zur Zeit beschäftige. Weil es wichtig ist, in solche Abhängigkeiten nicht blind hinein zu stolpern. Aber es ist nicht Stolpern, sondern Gemütlichkeit. Zahle einfach mit deinem guten Namen. Die Mehrheit, will friedlich ihre Waren über das Kassenband bringen und einfach nur nach Hause. Als Spielverderber kann man natürlich noch die Zutatenlisten auf ihren Produkten ins Spiel bringen. Ist das wirklich gesund, oder verstehen wir es zur Zeit noch nicht, was diese Namen bedeuten?

Das nenne ich die Dystopie, die vielen bevorsteht. Ich bin weiter und steige aus, bevor sie beginnen konnte. Das Austeigen ist jetzt kein permanenter Zustand, sondern etwas, wohin man sich entwickeln kann. Sich bewusst sein, sich seine eigene kleine Welt zu erschaffen. Die innere Freiheit zu entwickeln, ist wie einen Muskel zu trainieren, der sich langsam durch Wiederanstrengung immer deutlicher bildet.

Checkliste:

Bargeld +

Kleine Händler bevorzugen +

Gibt es noch einen richtigen Markt in der Umgebung? +

Im Supermarkt die Zutatenlisten lesen lernen -> den Dreck nicht mehr kaufen. Nicht wegen dem Produktbild. +

Smartphone? -> Dumbphone, aber auch: warum immer Telefon tragen? -> Steigerung: telefonfrei +

Analoges Notizbuch +

Sich nicht Zeugs verkaufen lassen, nur weil "Bio" draufsteht +

Das sind Ansätze, die jeder intensivieren kann. Immer sich fragen, wer profitiert von meinem Verhalten und dann die unsichtbaren Lügen durchschauen lernen. Die Ernährung wird gesünder. Die Informationen für den Kopf konstruktiver und das Leben besser als es uns die "Einflüsterer" mittels Werbeagenturen einreden wollen.

Zusammenfassung: Supermärkte brauchen langsame Adaption, um Kunden an sich zu gewöhnen. Zuerst ist das gar nicht so klar, warum die Leute da kaufen sollen. Supermärkte erzeugen deshalb eine exklusive Atmosphäre, exklusiveres Angebot, Musik, Verkaufstricks -> jedoch höhere Preise. Der analoge Lebemann durchschaut das.

.. Rauschen, Prasseln auf der Zeltplane.

Freitag, 8. August 2025

Mirin Dajo, der durchbohrte Prophet

Ich will heute über das Buch "Das letzte Geheimnis von Mirin Dajo" aus dem Jahre 2022, geschrieben von Luc Bürgin, einen Blogartikel verfassen. Mirin Dajo war ein niederländischer Aktionskünstler, der sich auf der Bühne von seinem Assistenten Jan Dirk (Johnan) de Groot mit einem Florett durchstoßen ließ. Kein Schmerz war ihm anzumerken, kein Blut floß. Mirin Dajo (esperanto: mirindajo für Wunder) war das Pseudonym von Arnold Gerrit Johannes Henskes, geboren am 6. August 1912. Mit seinen Aktionen wollte er für den Weltfrieden Aufmerksamkeit erlangen. Der 2. Weltkrieg endete am 8.Mai in Europa. In dem Umfeld startete er seine Karriere als Aktionskünster und ging mit seinen beiden Assistenten Johnan und Hylke Otter in die Schweiz, um mit seinen spektakulären Durchstoßungen (suche hier auf YouTube unter "Mirin Dajo") für einen Weltfrieden zu werben. In seinen eigenen Worten "den dritten Weltkrieg zu verhindern".

Da ich gerade dieses Buch zuende gelesen hatte und es hoppla der 6. August 2025 war, dachte ich mir: schreib doch mal über das Buch. Es hat mich sehr in den Bann gezogen (244 Seiten in 5 Tagen gelesen). Einfach zu lesen, aber schwierig zu verstehen. Natürlich wird Mirin Dajo immer ein Wunder bleiben. Auch wenn ich mir hier über ihn meine Gedanken machen werde. Mirin war kein klassischer Schausteller oder Bühnenmagier, sondern die Perforationen (Durchlöcherungen) mit scharfen Gegenständen wurden medizinisch gesichert. Er sprach von einer Souveränität des Geistes über den Körper, die solche Phänomene hervorbringen würde.

Schon vor gut 10 Jahren bekam ich von Mirin Dajo die spektakulären Videos mit den Durchstoßungen und etwas von seinem Hintergrund mit. Aber ich vergaß ihn völlig und plötzlich, vor ein paar Wochen, hatte ich den Einfall, wieder nach ihm zu suchen. Ich suchte Wochen. Mein Unbewusstes hatte die Stichpunkte "der durchbohrte Prophet" abgespeichert. Deshalb benutzte ich diese jetzt für meinen Blogbeitrag als Überschrift. Richtig wäre: "der unverwundbare Prophet". Diese Beschreibung wird für ihn gewöhnlich gebraucht. Ich finde meine Version aber passender. Am Ende war er verwundbar. Soviel als Cliffhanger.

Hannie mit dem roten Haaren, tot in den Dünen aus Widerstand

Seine Cousine Hannie Schaft (1920 bis 1945) wurde als Widerstandskämpferin kurz vor Ende des Krieges von den Deutschen erschossen. Die ganze Familie lebte dich beisammen in der Nähe von Rotterdam. Das war tragisch für die Familie. Mirin Dajo malte Hannie (kommunistischer Kampfname, eigentlich hieß sie Jannetje Johanna Schaft oder "Jo") darauf mehrmals in der Nacht, ohne sich daran erinnern zu können. Also im Trance. Die Bilder (leider nicht im Buch zu sehen) sollten sehr realistisch gewesen sein. Mirin selber war gelernter Zeichner und seine Bilder, die im Buch abgebildet wurden, sind sehr realistisch. Hannie Schaft wurde auch het meisje met het rode haar genannt. Also das Mädchen mit den roten Haaren. Und eine kurze Bildersucher im Internet offenbart ihren Blick und zeichnet das Drama, in dem sich Mirin befunden haben muss. Das wird sehr eindrücklich im Buch beschrieben und damit erwachte auch mein Interesse: wie es schien, unterhielt Mirin sich im Trancezustand mit geistigen Wesen. Also auch mit Hannie.

Hannie Schaft ist in den Niederlanden eine Berühmtheit geworden. Aber mir fiel bis jetzt auch keine Biographie von ihr in die Hände. Das ist sicherlich auch interessant. Es wurde später ein Film über sie gemacht, der aber - so scheint mir - überzeichnet ist. Biographie Hannie Schaft ist also noch auf TODO. Aber man sieht, was das Buch über Mirin alles anstößt.

Was das Buch nicht erwähnt: An seinem Geburtstag am 6. August 1945 fiel um 8:16 Ortzeit die erste Atombombe in Hiroshima. Für meinen Blogbeitrag wird diese Tatsache noch wichtig werden. Also schreibe ich hier einen Erinnerungsbeitrag an Mirin Darjo und die Opfer des Atombombenabwurf in Hiroshima. Das Thema wird immer größer. Aber klar ist, warum Mirin von einem Weltfrieden sprach und einen dritten Weltkrieg verhindern wollte.

Die Zeitzeugen berichten alle über Mirin Dajo als einen sehr sympathischen Individualisten, dem das Wohl anderer mehr am Herzen lag, als sein eigenes. Er sprach davon eine Mission zu haben, heilte Menschen und war geradezu fixiert darauf in die Schweiz zu gehen und mit seinen waghalsigen Taten den Weltfrieden herbei zu führen. Er sprach davon unverwundbar zu sein. Aber die Schilderungen im Buch machen ihn sehr sympathisch und ich verglich seine Schweizerfahrungen (Er sprach von einem Land des Friedens) mit meinen. Besonders das Camping gefiel mir dort.

Aber bringe ich einfach jetzt meine Notizen über ihn als rohe Textfassung. Ich schrieb das an einem schönen See, an dem ich mit meiner Familie war. Mindmaps, handschriftliche Notizen, die immer umfangreicher wurden. Am Ende war es keine Mindmap mehr.

Was wollte Mirin Dajo?

Wer so wie Mirin Dajo über das "Einswerden mit Gott" redete, da hilft es nicht ihm zuzuhören, zu verstehen, sondern selber, wie er, jahrelang jeden Tag für Stunden zu meditieren. Dann ist das nicht so schwierig zu verstehen. Sondern sehr klar zu sehen. Der Stein muss geschliffen werden, sonst poltert er im Flussbett und hat noch nicht die geeignete Form angenommen. Also versuche ich verständlich zu schreiben: Es kann nur mit dem Herzen, intuitiv, von manchen vertanden werden, oder von Leuten, die gleiche spirituelle Erfahrungen machten. Auf dem Weg der Kontemplation oder Meditaion. Er spricht wortwörtlich davon, diese Meditationen vorzunehmen, die er schildert. Es ging nicht um das "Durchbohren", sondern zu dem Zustand der inneren Klarheit zu kommen.

Also "normaler" Mensch, kommt man schnell an eine innere Dissonanz: "meint der das ernst?" - Zwei Möglichkeiten: nein, dann geht das zielstrebig in die Spinnerecke. Wenn Mirin Dajo das ernst meinte, dann - salopp ausgedrückt - in die Jesusecke. Die Spinnerecke ist praktisch, da sich nichts verändert. Alles bleibt beim alten. Die Jeususecke ist dagegen unpraktisch, da sich alles verändern muss und das oft auch wehtut: Das Gefühl selber Jahre lang fasch abgebogen zu sein. Auch mir wäre es angenehmer gewesen, einen Spinner zu debunken. Das gibt einem Selbstwertgefühl. Aber so einfach ist das nicht bei Mirin Dajo.

Folgende Punkte sind wichtig: medizinische Überprüfung seiner Durchstoßungen. Röntgen, Autopsiebericht. -> Das war real. Sein toter Körper zeigte anatomische Spuren der Durchstoßungen. Das war kein Hokus-Pokus eines Bühnenmagiers, sondern da ging einer auf die Bühne und ließ sich 500 mal mit einem Degen durchstoßen. Die Zahl 500 fällt immer wieder in dem Buch. Warum eigentlich? Aber sicherlich stimmt das nur nährungsweise. Warum macht er das? Geld ist sicherlich nicht das Motiv gewesen. Bei ihm. In dem Buch werden Briefe an seine Familie in den Niederlanden zittiert, mit denen er Zigaretten "zum verhöckern" oder getrocknete Früchte (in der Nachkriegszeit eine Rarität) schickte. Das war aufmerksam. Und es war ihm wichtig, sich so um seine Familie zu kümmern. Aber öffnen wir jetzt einen dunklen Vorhang: das meiste von dem Geld, was er in der Schweiz sammeln konnte, wurde von seinen beiden Assistenten veruntreut. Auch dem geht das Buch nach.

Während Mirin Dajo von seinem Johnan schwärmte, der sie so gut entwickeln würde (also er sah bei ihm auch Entwicklungspotential), stellte die Staatsanwaltschaft in der Schweiz einen Haftbefehl aus, da er (zusammen mit Hylke Otter) 24000 Schweizer Franken entwendet. Hätte man zu der Zeit Gold für das Geld gekauft, hätte man es heute für etwas eine viertel Millionen Dollar verkaufen können. Das war schon was. Mirin's Mutter sah das energischer als ihr Sohn und schnitt den Assistenten aus gemeinsamen Bildern mit ihrem Sohn kurzer Hand aus.

Aber Mirin Dajo war Geld völlig egal. Das hing mit seinem idealistischen Wesen zusammen. Er kam dann aber an Assistenten, die das als einen Beruf ansahen und fast alles Geld für sich beiseite schafften oder zeitgleich ausgaben. - Ohne jetzt überhaupt ein Risiko eingegangen zu sein. In Gegensatz zu ihm. Für sie war es eine Show. Und sie planten immer mehr davon.

Das Ende des Unverletzbaren

Und so wurde es durch immer neue Bühnenshows, in denen Mirin Dajo sein Leben riskierte, am Ende recht stressig für Mirin. Es war schon einzusehen, warum Schweizer Behörden seine Darstellungen oft untersagten. Es war auch zu seinem Schutz. Natürlich zeigte sich das erst im Nachhinein.

Irgendwann kam dann so, wie es endet, wenn der Körper überlastet ist. Hier ist Mirin Dajo schwer einzuschätzen: Geld, war ihm nicht wichtig. Auch nicht viel Geld für seine Familie. Die 24000 Schweizer Franken hätte seine Familie zu der Zeit gut gebrauchen konnte.

Aber da war er in einer komischen Beziehung zu seinem Assistenten. Sie verbrachten viel Zeit miteinander, auch gemeinsames Zelten. Ich glaube, dass war seine Lieblingszeit in der Schweiz. Gemeinsam mit Johnan für Wochen Zelten. Kein Stress. Und seine Hängematte war ihm wichtig. In dem ganzen Buch habe ich nur diese Hängematte als etwas sehr Persönlich-Menschliches von ihm begriffen. Ansonsten kreisten seine Gedanken nur darum, eine Friedensbotschaft mit seinen Aufführungen den Leuten zu vermitteln. Er ließ sich etliche Male auf der Bühne durchstechen, um den Weltfrieden zu erreichen. Hier muss einer tiefer steigen, Mirin verstehen zu können. Denn der Drops sollte schon nach ein paar Aufführungen und medizinischen Dokumentationen des Phänomens geschluckt sein. Eine Steigerung würde nichts erklären oder demonstrieren als eher eine Attraktionsgier zu befriedigen.

Aber dadurch, dass seine Assistenten immer mehr Shows organisierten, bekam das eine Dynamik einer Bühnenshow. Mirin Dajo wurde zur Schau gestellt. Normalerweise hätten die medizinisch dokumentierten Durchstechungen gereicht. Aber Mirin wollte dann auch noch in die USA. Kein geringerer als Albert Einstein sollte ihm das Visa beschaffen. Dazu später. Er wollte sich von einer Eisenbahn überrollen lassen. Das ganze unbeschadet überstehen. Das Wort De-Materialisieren ging ihm über die Lippen. Für mich hörte sich das nach keinem guten Plan an.

Ansichten aus der Jesusecke

Aber, da ich Mirin gerne in die "Jesusecke" folge, wurde mir auch klar, dass dann auch Gestalten wie Judas und eine Kreuzigung kommen mussten. In der Jesusgeschichte ist es doch auch so, dass die Leute immer mehr Zeichen von Jesus haben wollten. Als hätten die Zeichen, die er vollbrachte, nicht gereicht. Es sollte immer weiter gehen. Solange, bis er tragisch endete. So war es dann auch hier. In Amerika als "Wundermann", der vielleicht sich auch dann eine Atombombe auf den Kopf schmeißen lässt, um danach Werbung für eine Zigarettenmarke zu machen. Sicherlich stellten sich das die Assistenten so vor. Bringt Geld. Ob sich Mirin davon anstecken ließ.

Aber in die USA ging es dann nicht. In meinem Jesusvergleich übernahm Albert Einstein die Rolle des Pontius Pilatus und lehnte das Visagesuch ab.

Der Originaltext seiner Absage ist sogar erhalten:

Ich hoffe sehr, dass Ihre Leistungen mehr auf dem Gebiet des Zauberkünstlers liegen, und dass sie sich nicht an ihrem Leib versündigen, den Sie ihrer Mutter verdanken. Ich kann natürlich nichts tun, um Ihnen bei Ihren Bestrebungen behilflich zu sein, weil ich sehr vorsichtig sein muss mit jeder Äußerung, die andere beeinflussen können. - Albert Einstein 8.Januar 1948

Diese Worte müssen Mirin Dajo schwer getroffen haben. Ich muss sagen, dass Einsteins Formulierungen schon sehr grausam waren. Ein Beispiel von passiver Aggressivität. Also das Streben nach Weltfrieden wertete Einstein nicht als überzeugende Leistung. Das drückt das doch aus? Und da wird noch vieles mehr unter der subliminalen Ebene ausgedrückt. Und an dem Unbewussten von Mirin muss das genagt haben. Solche Formulierungen tun erst gar nicht so weh. Der Schmerz kommt erst mit der Zeit. Man muss sich die Formulierungen auf der Zunge zergehen lassen.

Durch Mirins besondere Ethik, war er unverwundbar, da sein Körper auf die Durchbohrungen ohne starke Blutungen reagierte und schnell verheilte. Unterminierte man diese besondere Einstellung dadurch, dass man ihn als einen Bühnendarsteller abstempelte, ohne überhaupt seine "besondere Mission" verstehen zu wollen, dann wurde er auch dadurch weniger "resistent" und mehr verletzlich. Und gerade Albert Einstein wurde damals - vermutlich auch von Mirin - als eine Art Wissenschaftspapst gesehen. Also sein Urteil, wiegte besonders schwer.

Nach der Absage Einsteins sprang Mirins Sekretär, der für ihn kostenlos Briefe schrieb und beantwortete, sofort ab. Er wollte mit Mirin ein Visa für die USA bekommen. Im weiteren Verlauf bekam er es. Alleine. Der andere Assistent Hylke Otter musste die Schweiz dringend verlassen. Im Buch wird nur kurz eine Frauengeschichte erwähnt, die ihn veranlasste. Keine weiteren Infos. Er war Geistheiler und in meinem Jesusvergleich der Johannes-Der-Täufer-Archetypus. Es soll Mirin Dajo entdeckt und gefördert haben.

Und so blieb Mirin mit Johnan alleine zurück. Immer das Schweizer Visaamt im Nacken, das ihm das Visa nicht verlängern wollte. Viele Dokumente von Schweizer Ämter wurden in dem Buch abgebildetet. Sie beschatteten Mirin sogar und spionierten ihm nach. (Archetypus-> römisches Reich in der Jesusgeschichte)

Was mir nie klar wurde: warum wollten sie in die USA. Unbedingt? Warum den Sprung von der schönen Schweiz in die USA machen, wenn man auch bequem nach Italien oder Frankreich gehen konnte? Das erschließt sich mir nicht. Zumal es erst mal kein USA-Visa gab und das Schweizer Visa ständig auszulaufen drohte, wenn es nicht verlängert wurde. Und das Amt sträubte sich.

Aber sicherlich waren Italien oder Frankreich nach dem Krieg keine Länder, um Karriere zu machen. Aber das wäre entspannter gewesen. Nachhaltiger eine "gesunde Popularität" aufzubauen. So war das aber wie im Casino "alles auf eine Karte zu setzen". Nach dem Platzen der USA-Blase befand sich Mirin (und seine Assistenten) in einem Tief. Aus dem sollte es nicht mehr hinausgehen. Denn Mirin starb bei dem Versuch noch gefährlichere Dinge auszuprobieren. Er verschluckte eine Klinge, die seine Aorta beschädigte. Er starb nicht gleich, sondern nach Tagen. So der Autopsiebericht. Die Dame, die ihn zuletzt beherrbergte, sagte, gehört zu haben, wie Johnan ihn in der Nacht dazu gedrängt haben soll, die Klinge zu schlucken. (Johnan -> Judas. Definitiv) Mirin unterzog sich einer Operation, die Klinge entfernen zu lassen. Sie materialierte nicht von alleine woanders hin. Er erholte sich scheinbar sehr rasch von der Operation, legte sich aber nach ein paar Tagen hin, um "seinen Körper im Trance zu verlassen". Das war normal für ihn und deshalb ließen ihn seine Gefährten dann auch lange so liegen. Sein Gesicht zu einem Lächeln geformt, entschlief er und kehrte nicht mehr in seinen Körper zurück. So starb er um den Frohenleichnam des Jahres 1948.

Mirin selber sprach - bei seinem letzten Besich in den Nierderlanden - zu seiner Familie - vorahnungsvoll - die Schweiz nicht mehr zu verlassen und zurückzukommen. Also schließe ich daraus, dass er selber auch nicht damit rechnete, in die USA zu gehen. Vielleicht war das so eine fixe Idee, halb als Scherz, um seine Assistenten glücklich zu machen? Also die Aussicht: Geld und nochmals Geld. Aber das entsprach Mirin selber nicht. Wären die Amerikaner auch weniger materialistisch geworden, wäre er dort auch als "Wundermann" aufgetreten? Bühnenstars werden aufgebaut, um sie dann fallen zu lassen. Beides belustigt die Zuschauer. Und wir sahen schon in der Schweiz: das, was Mirin machte, musste immer weiter gesteigert werden. Warum? Wahrscheinlich, weil um ihn die flaschen Leute waren. Wie immer. Die "Jesusecke" verlangt nach einer Kreuzigung. Obwohl er keinem was getan hatte. Das war das düstere Mysterium.

Spekulationen

Mirins Vater legte vor der Krematation 3 weiße Rosen auf Mirims Sarg. Er wurde in der Schweiz verbrannt und später in das Grab seiner Familie gebracht. Der Vater reiste extra an. Bei den 3 Rosen, musste ich mit dem Lesen aufhören und erinnerte mich in einem Buch über Freimaurer gelesen zu haben: drei Rosen zu einem Begräbnis sind ein Erkennungszeichen für einen verstorbenen Freimaurer. Die drei Rosen stehen für: Liebe, Licht und Leben. Aus der ganzen Schweiz reisten Freunde und Fans von Mirin ab, um vor seiner Verbrennung Abschied zu nehmen. Natürlich können die drei Rosen auch Zufall gewesen sein. Natürlich. Natürlich redete Mirin vor seinem Tod auch davon, mit sehr viel Rauch in seiner Zukunft zu tun zu haben. Das könnte eine Vorahnung auf die Verbrennung des Körpers gewesen sein. Also am Ende des Buches geht man bei Mirin Dajo nicht mehr von Zufällen aus.

Etwas seltsames fiel mir dann auch auf: Mirin Dajo wurde am 6. August 1912 geboren. Genau 33 Jahre vor dem Atombombenabwurf der Amerikaner in Hiroshima. 33 Jahre ist auch so eine besondere Zahl in esoterischen Zirkeln. Vergleich zu Jesus: seine Kreuzigung muss auch so um die 33 Jahre gewesen sein? Für Mirin Dajo fing dann seine "Himmelfahrtsmission" an. Jetzt zu Einstein, der auch als "Vater der Atombombe" gesehen werden kann. Gerade er ist dann in der Rolle des Pontius Pilatus zu finden. Ich finde das psychologisch interessant, dass Mirin gerade ihn aussuchte, ihm -unbewusst- seine Prophetenrolle (Jesus wird übrigens von den Muslimen als Prophet geachtet) zu betstätigen. Während Einstein das Thema oberflächlich zu behandelt suchte, aber es im Grunde ignorierte. Er meinte, vorsichtig sein zu müssen, was er sagte. Er war es auch, der Theodor Roosevelt einen Brief schickte, ihn zu ermutigen, die Atombombe zu bauen. Genau die, die am 6. August 1945 um 8:16 in Hiroshima niederging. Um 8:16 meditieren viele Japaner oder machen Schattenboxen. Nehme ich an. Ich weiß aber, dass es ein sonniger Morgen gewesen war, als die Detonation 60000 Menschen in Bruchteilen einer Sekunde verdampfen ließ.

Was mir Mirin Dajo beibrachte

Mirin hätte es so gesehen, dass Atomwaffen immer schrecklich sind. Ganz gleich, wer sie hat. Die Einsteinsche Denkungsart wäre - ganz modern - die Dinge differenziert zu sehen. Man muss schon einen Sinn dafür in sich trainieren, der einen warnt, wenn gutes als schlecht und schlechtes als gut verkauft werden soll. Dieser Sinn würde dann ständig alamierend, weshalb dieser Sinn bei vielen dann verkümmert und keine Probleme mehr macht. Probleme wären in der Jesusecke zu landen und dann das ganze Drama, was auch Mirin durchgemacht zu haben, zu erleben. Die Thematik betrifft jeden, der nicht weit ab der Zivilisation sein Leben führen darf. Atomwaffen sind heute auch noch selbstverständlich und Politikern ihren Emotionen und der Korruption verfallen. Mirin glaubte, sein Körper könne Gewalt widerstehen – glauben wir, dass unsere Zivilisation es kann?

Das letzte Kapitel ist wohl einem Vortrag von Mirin entnommen. Dort erklärt er einiges. Ich gebe das mal so wieder, wie ich es begriffen habe. Natürlich ist das ein persönlicher Eindruck, weil das ganze eben doch komplexer ist, als ich es seufz wohl hier niederschreiben kann. Aber ich will zum Lesen des Buches ermuntern.

Was war sein Geheimnis: Wenn der Körper dem Geist gehorchen muss, dann ist es klar wo das Kommando & Kontroll Center unsereres Lebens liegt. (Kether)

Und dann ist es eine Pervertierung der wahren Welt, freiwillig in so einer Welt leben zu wollen, in der alles was möglich ist, auch einmal passieren wird. Ab dem 26. August 1945 08:16 Ortzeit Hiroshima hat diese Logik einen offensichtlichen Knick. Das ist jedem klar sein, der nur einmal um eine Ecke denken kann. Game over. Setze dazu noch diverse andere Bedrohungen der menschlichen Spezies durch eigene Technik. Eine tiefe Thematik. Aber es scheint, selbst 500 Mal sich auf einer Bühne dagegen abstechen zu lassen, ist vergebens. Aber Mirin macht uns Mut: es geht darum persönlich die Einstellung zu ändern und negative Gedanken abzustellen. So wie er.

Und um diese Dinge abzustellen muss man seinen Geist trainieren, dass Dinge die zwar möglich sind, wieder undenkbar werden. Steht man auf der Bühne, mit einem langen Dolch durch den Bauch, lächelnder Blick durch das Publikum in die Unendlichkeit, dann führt jeder Gedanke des Zweifel zur Panik und damit in das Verderben. Disziplin des Denkens ist notwendig, um das Undenkbar real werden zu lassen. Der Grund, warum er nie wirklich populär geworden ist: er verkündet keine einfachen Wahrheiten, sondern einen schweren Weg mit einem inneren Lächeln zu gehen. Aber auf einer handsignierten Karte von ihm findet sich der Ausspruch "Ich helfe ewig". Wer war er? Oder wer ist er?

Praktisches

Er beschrieb in seinen Vorträgen, wie man regelmäßig meditieren kann, um dann in Kontakt mit seiner inneren Welt zu kommen. Fast wie ein Theosoph oder Rosenkreuzer. Diese Welt transzendiert zu einer ewigen, geistigen Welt. Also beschloss ich Mirin Dajo in einer Meditation aufzusuchen. Eine sehr freundliche Energie. Er half mir mit meinem Knie, dass nach einer unüberlegten Übung mit einer Kettle-Bell mich wie Kaptain Ahab fühlen ließ. Ich denke am Ende, war es genau das, was er wollte. Wer weiter forschen will: Er durchstieß seinen Körper übrigens häufig in der Gegend, die man Tiferet zuordnet. Ich mache praktisch erst mal Schluß, da ich den Artikel am Freitag veröffentlichen will und er viel viel zu lang geworden ist. Das Thema kann ein ganzes Buch füllen. Meine Intention ist am Ende dann doch recht kurz geworden. Vielleicht bin ich schüchtern? Aber es lohnt sich wirklich mit den Mirin Dajo Energien in Kontakt zu kommen. Wenn man spirituell ist. Die "Jesus-Ecke" erscheint mir dann auch wie ein Weltprinzip, dass immer wieder einmal in der Menschengeschichte aufleuchtet. Es also nicht als große Ausnahme erscheint, wie es in "den Büchern" der Religionen beschrieben wird, sondern als seltene aber stetige Anomalie unseren Alltag durchdringt. Da heißt es Suchen, den inneren Judas in sich zu erkennen. Dann kann man ihn loslassen. Er wird nicht mehr gebraucht.

Ich hoffe, der Artikel konnte einiges an Motivation und neuen Einblicken liefern. Er muss ewig unvollendet bleiben.

Freitag, 1. August 2025

Kolumne Teil 6 - Schreiben als organischer Prozess

Heute stelle ich hier 5 Inspirationen zum täglichen Schreibens vor. Schreibe, tue das täglich, und diese Inspirationen helfen dabei.

  • Tagebuch, damit fängt es an, regelmäßig Texte zu schreiben. Welche Perspektive wähle ich? Erzähle ich überhaupt, oder bin ich Chronist oder lasse den Text das sein? Das Tagebuch konfluiert auch mit dem Notizbuch, in dem wichtige Ereignisse festgehalten werden, um sie später wieder zuordnen zu können. Fängt man an Tagebuch zu schreiben, merkt man wie zerbrechlich die Erinnerung an das Leben sind. Wie hieß der noch? Wann genau habe ich das erlebt? Sehe ich es heute anders? Das Tagebuch macht es bewusst, dass Erinnerungen so kostbar sind, wie Wasser in der Wüste. Obwohl das Leben dann zerbrechlicher erscheint, wird es intensiver. Ein Gegenentwurf zum Nicht-Tagebuchschreiben ist der einseitige, tabellarische Lebenslauf.
  • Traumtagebuch, ist noch intimer und transdimensionaler. Da Träume oft einen doppelten Boden haben. Den Lohn der Mühe des Schreibens gibt es erst Jahre später. Meine Erfahrung: vergleiche einmal Träume, die Jahre alt sind mit deinem heutigen Leben! Oft wundere ich mich da. Erschaffen Träume die Lebenswelt von heute? Deshalb lautet die alte Weisheit: werde Herr über deine Träume. Ein Traumtagebuch ist der erste Schritt. Sobald es existiert, werden auch die Träume anders. Die werden notierbarer, auch wenn sie zuvor zerrissen und geheim wirkten.
  • Lebenserinnerungen, in einer Datei sammel ich alle Erinnerungen, die in mir hochkommen. So genau wie möglich. Das ist oft nicht einfach. Träumen, Leben, Vergessen sind ein konstanter Prozess des Lebens. Tauche mit dieser Übung tief in dieses Mysterium des Lebens ein. Prosaisch gesagt, ist diese Arbeit das Rekonstruieren der Dinge, zu der Zeit, als du noch kein (Traum-)Tagebuch hattest. Daraus folgt: je länger du solche Tagebücher führst, desto einfacher wird es, dann auch solche Lebenserinnerungen zu destillieren. Das einmal erkannt zu haben, motiviert.
  • Deine Novelle, jeder sollte so ein Projekt haben. Liegen mehr als drei solcher Projekte unfertig im Ordner, dann Motivationscheck. Ist mein Leben noch auf Kurs? Ich beende dann die Projekte, um mich nicht zu überfrachten. Es ist nichts dabei, etliche Fragmente über den Weg zum Supermarkt zu haben. Später kann ich daraus noch was machen.
  • Die Zusammenfassung von allem: Notizen sammeln ist das A und O. Einfälle kommen spontan, potentiell und überall. Der sprichwörtliche Einfall unter der Dusche! Je schneller du diese Einfälle aufschreibst, desto schlechter werden sie vergessen und können später eine gute Hilfe sein, ohne die in der Praxis nichts läuft. Ein persönlicher Rat: vergesse niemals den Zeitstempel. Am Anfang dachte ich nicht an so etwas. Heute erscheint es mir als Verlust, eine Notiz nicht zeitlich zuordnen zu können.

Folgt einer diesen Ratschlägen, merkt er, dass der Schreibordner kontinuierlich wie von alleine wächst. Das verunmöglicht die typischen Schreibblockaden, modern die Prokrastination, mit der sich jeder Schriftsteller heute auseinandersetzen muss. Der Gedanke alleine ist schon eine Falle. Bin ich ein Schriftsteller, der sich selber martern muss zu schreiben? So sitzen viele heute in ihrem Leben. Wollen schreiben, tun es aber nicht. Warum? Weil sie einem Marketing-Trick aufgesessen sind: immer das bedeutsame zu schreiben. Ein Top-Buch. Viel Geld verdienen. Jeder mag einen. Das geht natürlich nur, wenn man ein tolles Selbsthilfebuch, was dieses verspricht, liest. Mach einen Kurs. Oder - wenn du die Welt mit langweiliger Prosa kafka-esker machen willst: studiere es. Und bloß keinen Psychologen fragen, warum du meinst, es so machen zu müssen. Alle machen es so.

Was ist meine Motivation

Der fehlerhafte Ansatz ist: ich will etwas erreichen. Schwierig. Desto mehr ist es nach der Marktlogik auch wert. Die Konsequenzen? Wie viel Profi-Musiker in einem Orchester oder Profi-Sportler nehmen Aufputschmittel, um die Erwartungen erfüllen zu können? Aber es sind die Erwartungen der Gesellschaft, die Unmengen von Ressourcen in Kriegsverbrechen und soziale Spaltung steckt. Jetzt keinen Psychologen fragen, warum sie meinen es so machen zu müssen. Alle machen es so. Und unter dem Strich hassen sie sich selber dafür. Da lenkt langweile Prosa, die die Welt einen kafka-esken Zauber verleiht, wunderbar von ab.

Der Burnout wartet hinter der Ecke

Mein Rangehen ist anders: einfach schreiben. Das Wunderbare am Leben sind nicht die verkannten Genies, die später von Geschäftsleuten kommerzialisiert und in den Tresor gelegt werden, sondern das stotternde Kind, das "zum ersten Mal" einen richtigen Satz heraus bekommen hat. Das ist Kunst. Kommerzialisiert man sich selber, was viele überall schon von alleine machen, kommt der Burnout recht bald hinter der Ecke hervor. Sein Auftreten macht sogar Sinn nicht unnötig viel Energien in Konzepte zu stecken, die nicht für die Meisten funktionieren. Ernsthaft gesehen funktionieren sie überhaupt nicht. Immer nur für Geschäftemacher, die aber nicht kreativ erschaffen. Da schützt sich die Psyche selber vor. Leider passt das dann nicht in das propagierte Bild. Das propagierte Bild ist überall. Aber schau an, was das aus dem Planeten macht! Es lohnt sich vollkommen, es anders zu machen. Und das in jeder Hinsicht des Lebens. Denn Überall wartet Zauberhaftes entdeckt zu werden.

Die Philosophie des organischen Schreibens

Komme ich jetzt zu meiner neuen Schreibphilosophie, dem organischen Schreiben. Schreibst du täglich Notizen, hast du sehr schnell genug Material etwas neues daraus zu schaffen. Da lohnt es, sich mit einem Editor zu befassen, der sehr schnell Dinge ediert und neu zusammen bekommt. Ich benutze Emacs. Allein schon eine Tagebuchnotiz: heute morgen es nicht geschafft meinen Sohn auf die Toilette zu bringen ist unwahrscheinlich viel Stoff für neue Zeilen.

Lerne vom Pilz

In meiner Vorstellung eines organischen Schreibens, ist der Prozess des Schreibens mit dem Wachstum eines Pilzmycels vergleichbar. - Als handlicher Vergleich.

Das Mycel durchdringt alles. Ernährt sich durch Zersetzung: Erinnerungen, Emotionen. Ist unberechenbar, was es unbequem macht. Unbequeme Wahrheiten, unbequeme Kommerzialisierung. Aber: ein aufregendes Lesen. Das ist zumindest meine Vision. Denn plötzlich stehen da Fruchtkörper, von denen keiner vorher etwas ahnte. Inspirierend oder überraschend.

Der Pilz wächst unwahrscheinlich schnell. Bei einem organischen Schreiben hast du also nie das Problem keine Themen zu haben. Sie sind überall. Im Tagebuch, Zettelkasten. Nutze den Einkaufsbon. Auch die Rückseite. Pilzlogik ist exponentiell wie sein Wachstum. Das organische Schreiben ist somit eine Gegenthese zu der menschlichen, linearen Logik.

Natürlich kann jeder Vergleich auch überstrapaziert werden. Pilz ist Pilz und Schreiben ist Schreiben. Das organische Schreiben will aber eine bewusste Kommunikation mit dem Unbewussten sein. Das Mycel ist das Unbewusste – ein dunkles, fruchtbares Geflecht unter der Bewusstseinsoberfläche.

Ich mag Pilzwandern

Fruchtkörper ist der umgangssprachliche Pilz, den man gerne beim Pilzesammeln sucht. Das Mycel sind die Wurzeln und kann riesig in der Ausdehnung werden. Das größte Lebewesen auf der Erde ist nicht der Elefant oder Wal, sondern Pilze. ^1 Pilze nehmen einen eigenen Gattungsnamen zwischen Pflanzen und Bakterien in Anspruch. Jetzt kann man sich darüber streiten: aber der eigentlich Pilz ist als Wurzelwerk unter der Erde oder im Baumstamm. Unsichtbar für uns. Was Nichtbiologen als Pilz bezeichnen sind die Knospen oder Fruchtkörper. Aber es sind die Knospen, die uns Menschen erstaunen und wundern lässt. Der Schreiber muss also das Mycel im Auge halten und entsprechen düngen. Das kann einer systematisch machen. Notizen machen, Zeit zum Korrigieren und dann Schreiben einplanen. Mindmaps sind noch organischer als lineare Notizen. Aber über die Ausprägung des Fruchtkörpers entscheidet der Pilz alleine. Das mache so ein Schreiben überraschend und lebendig: Schreiben ist Mycel: Unter der Oberfläche wuchert das Unbewusste, bis plötzlich Fruchtkörper aus dem Boden schießen – ungeplant, aber lebendig.

^1 Der größte bekannte Pilz umfasst etwa die Größe von Zypern, wiegt 35.000 Tonnen und ist 2000 Jahre alt.

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